Ich war schon, wie alle anderen auch, sehr neugierig.
Schließlich gibt sich nicht jeden Tag eine Gräfin im Betreuten Wohnen der
Volkssolidarität die Ehre. Regine Kühnel, die Leiterin der Wohngruppe,
eröffnete die Veranstaltung, alle Teilnehmer erhielten einen kleinen
Frauentagsgruss - ein Primel und eine kleine Flasche Sekt.
Zu Beginn der Veranstaltung konnten wir ein
Geburtstagsständchen genießen, dass Herr Harald Meyer, Mitglied im Opernchor
Chemnitz, zu Ehren des Geburtstages von Frau Rita Rappika, die ihn am Klavier
begleitete, gab. Beide sind langjährige Mitglieder unserer Wohngruppe. Das war
ein wirklich toller Kunstgenuss für alle Gäste und sicherlich auch für das
Geburtstagskind.
Aber es sollte ja noch die Gräfin erscheinen, alle warteten gespannt. Und dann erschien sie: Anna Constantia Gräfin von Cosel, geb. von Brockdorff am 17. Oktober 1680 auf Gut Depenau, heute ein Ortsteil von Stolpen, gestorben am 31. März 1765 in Stolpen, die, neben
Aurora von Königsmarck, bekannteste Mätresse August des Starken. Dabei hatte sie ihren Musikus Carsten am KLA4, der für die musikalische Unterhaltung der Gräfin und ihrer Gäste sorgte.
Eine großartige Erscheinung und Frau Gräfin sah bei weitem nicht so aus, als ob sie bald ins Betreute Wohnen ziehen wolle, im Gegenteil, sie war trotz ihres hohen Alters noch ganz manierlich anzuschauen.
Sie plauderte aus dem Nähkästchen und ließ dabei auch wirklich, aber auch wirklich nichts am Hofe aus. Kleiderordnung, sexuelle Gepflogenheiten, Geschichten um das Stille Örtchen waren nur einige Gesprächsthemen zum Kaffeeklatsch, was da hinter hervorgehaltener Hand erzählt wurde.
Gräflicher Kaffeeklatsch, das Thema der Veranstaltung – eigentlich ist Kaffeeklatsch ein Synonym für Kaffeekränzchen. Erstmals soll von Kaffeeklatsch im Jahr 1888 die Rede gewesen sein, da trafen sich vornehmlich Frauen, um bei Kaffee und Kuchen den neusten Klatsch und Tratsch auszutauschen. Und so war der „Klatsch“ geboren!
Frau Gräfin jedoch hatte noch eine andere,
vortreffliche Erklärung für den Klatsch. Die Bediensteten trafen sich früher
zum Wäschewaschen am Flussufer, wo man die Bekleidung der Herrschaft auf Steine
„klatschte“, um sie zu reinigen. Dabei wurde sich ausgiebig über die Kleidung
der Herrschaft ausgelassen, wie alt die darin hinterlassenen Spuren wohl sind,
welche Gerüche sie verbreiteten und wie oft demzufolge die Wäsche gewechselt
wurde, dabei klatschte man fleißig das Wäschestück auf, um alle Spuren zu beseitigen.
Und so war das Klatschen erfunden. Auch eine Erklärung – oder?
Frau Gräfin plauderte, und plauderte, zwischendurch
erfreute ihr Musikus die Anwesenden mit allerlei Musik und Gesang. Kritisch
beäugte Frau Gräfin auch die Beinkleider mancher Damen und war erstaunt, dass
so etwas möglich ist. Das kannte sie aus ihrer Zeit nicht.
Ein herzliches Dankeschön an Birgit Lehmann und
Carsten am KLA4 für diesen unterhaltsamen Nachmittag. Ein Dankeschön aber auch
an das Team der Begegnungsstätte und alle, die mit der Vorbereitung und
Absicherung der Veranstaltung betraut waren.
Text und Fotos: Marina Schlenzig
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