Sonntag, 9. März 2025

Gräflicher Kaffeeklatsch

Frauentagsveranstaltung am 05. März 2025 im Großen Saal der Begegnungsstätte des Volkssolidarität Stadtverbandes Chemnitz - eingeladen hatte die Wohngruppe 027. Knapp 90 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt. Auch Gräfin Cosel alias Birgit Lehmann eilte aus ihrer Residenz in Dresden herbei und weilte für einen gräflichen Kaffeeklatsch im Betreuten Wohnen auf der Clausstraße. Zu ihrer und unserer musikalischen Unterhaltung brachte sie ihren Musikus Carsten am KLA4 alias Carsten Klobe mit. 


Ich war schon, wie alle anderen auch, sehr neugierig. Schließlich gibt sich nicht jeden Tag eine Gräfin im Betreuten Wohnen der Volkssolidarität die Ehre. Regine Kühnel, die Leiterin der Wohngruppe, eröffnete die Veranstaltung, alle Teilnehmer erhielten einen kleinen Frauentagsgruss - ein Primel und eine kleine Flasche Sekt. 


Zu Beginn der Veranstaltung konnten wir ein Geburtstagsständchen genießen, dass Herr Harald Meyer, Mitglied im Opernchor Chemnitz, zu Ehren des Geburtstages von Frau Rita Rappika, die ihn am Klavier begleitete, gab. Beide sind langjährige Mitglieder unserer Wohngruppe. Das war ein wirklich toller Kunstgenuss für alle Gäste und sicherlich auch für das Geburtstagskind.



Aber es sollte ja noch die Gräfin erscheinen, alle warteten gespannt. Und dann erschien sie: Anna Constantia Gräfin von Cosel, geb. von Brockdorff am 17. Oktober 1680 auf Gut Depenau, heute ein Ortsteil von Stolpen, gestorben am 31. März 1765 in Stolpen, die, neben
Aurora von Königsmarck, bekannteste Mätresse August des Starken. Dabei hatte sie ihren Musikus Carsten am KLA4, der für die musikalische Unterhaltung der Gräfin und ihrer Gäste sorgte.

Eine großartige Erscheinung und Frau Gräfin sah bei weitem nicht so aus, als ob sie bald ins Betreute Wohnen ziehen wolle, im Gegenteil, sie war trotz ihres hohen Alters noch ganz manierlich anzuschauen.

Sie plauderte aus dem Nähkästchen und ließ dabei auch wirklich, aber auch wirklich nichts am Hofe aus. Kleiderordnung, sexuelle Gepflogenheiten, Geschichten um das Stille Örtchen waren nur einige Gesprächsthemen zum Kaffeeklatsch, was da hinter hervorgehaltener Hand erzählt wurde.

Wusstet ihr, wie man mit der damals üblichen Bekleidung als Dame seine Notdurft verrichtete? Frau Gräfin klärte auf! Als Dame stellte man sich in eine Ecke und dann kam das Personal und wischte auf. Möglich wurde das durch die Bekleidung der Damen, die unter dem Obergewand nur Röcke trugen. Einfach - oder? Bei größeren Sachen konnte man sich in den verschiedenen Etagen der Schlösser erleichtern, die Bediensteten holten dann das Ergebnis von hinten ab. Das konnte dann der Hofarzt gleich noch, meinte die Gräfin, bei Bedarf überprüfen. Es gab aber auch, vor allem in Sachsens Schlössern, die Möglichkeit, sich auf eine Marmorplatte zu setzen. Aber die war kalt. Das ging natürlich nicht, hatte man doch auch Angst vor irgendwelchen Krankheiten. So setzten sich vorher die Bediensteten auf diese Marmorplatten und wärmten sie auf. Zum Glück haben wir diese Sorgen nicht mehr.

Gräflicher Kaffeeklatsch, das Thema der Veranstaltung – eigentlich ist Kaffeeklatsch ein Synonym für Kaffeekränzchen. Erstmals soll von Kaffeeklatsch im Jahr 1888 die Rede gewesen sein, da trafen sich vornehmlich Frauen, um bei Kaffee und Kuchen den neusten Klatsch und Tratsch auszutauschen. Und so war der „Klatsch“ geboren! 

Frau Gräfin jedoch hatte noch eine andere, vortreffliche Erklärung für den Klatsch. Die Bediensteten trafen sich früher zum Wäschewaschen am Flussufer, wo man die Bekleidung der Herrschaft auf Steine „klatschte“, um sie zu reinigen. Dabei wurde sich ausgiebig über die Kleidung der Herrschaft ausgelassen, wie alt die darin hinterlassenen Spuren wohl sind, welche Gerüche sie verbreiteten und wie oft demzufolge die Wäsche gewechselt wurde, dabei klatschte man fleißig das Wäschestück auf, um alle Spuren zu beseitigen. Und so war das Klatschen erfunden. Auch eine Erklärung – oder?

Frau Gräfin plauderte, und plauderte, zwischendurch erfreute ihr Musikus die Anwesenden mit allerlei Musik und Gesang. Kritisch beäugte Frau Gräfin auch die Beinkleider mancher Damen und war erstaunt, dass so etwas möglich ist. Das kannte sie aus ihrer Zeit nicht. 

Ein herzliches Dankeschön an Birgit Lehmann und Carsten am KLA4 für diesen unterhaltsamen Nachmittag. Ein Dankeschön aber auch an das Team der Begegnungsstätte und alle, die mit der Vorbereitung und Absicherung der Veranstaltung betraut waren.

Text und Fotos: Marina Schlenzig

 


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